Expertengespräch im Schloss: Personalberater Hans Ulrich Gruber spricht über die aktuelle Fachkräftesituation und gibt Tipps zum Finden und Halten von Top-Mitarbeitenden.
Das Thema Fachkräftemangel ist nach wie vor aktuell. Doch was hat sich in den letzten Jahren in den Branchen Bau, IT, Automotive sowie Maschinen- und Anlagenbau verändert und wie können Unternehmen ihre Top-Leute halten. Das Experten-Gespräch im Schloss mit Personalberater Hans Ulrich Gruber beschäftigt sich mit diesen Fragen.
Wir sprechen heute über das Thema Fachkräfte. Wie ist aus Ihrer Sicht die aktuelle Situation?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Es hat sich nicht so viel geändert gegenüber den letzten Jahren. Zumindest in den Branchen, in denen ich unterwegs bin. Es ist ein Mangel da, aber auch ein großer Wechselwille. Es kommt darauf an, wie man es angeht.
Die Berufsstudie des Versicherers HDI hat gezeigt, dass die Bindung an den Beruf stark gesunken ist. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Am demographischen Wandel. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wenn ich auf meine Industriekarriere zurückblicke, damals haben einige Kolleginnen und Kollegen viel ausgehalten, bevor sie den Stecker gezogen haben. Die nachwachsende Generation ist da konsequenter. Das ist unter anderem erziehungsbedingt. In der Bedürfnispyramide von Maslow sind wir fast alle in der Selbstverwirklichung und die nachwachsenden Generationen lassen sich nicht so viel gefallen wie diejenigen vor zehn oder 20 Jahren.
Was bedeutet das für die Unternehmen und Führungskräfte?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Dass die Anforderungen an die Führungskräfte steigen. Das Wesentliche ist, Mitarbeiter motivieren. Was man vor 20 Jahren geschluckt hat als Mitarbeiter zum Beispiel an ungerechtfertigten Zurechtweisungen, das führt heute eher zu Konsequenzen. Führungskräfte müssen motivieren, motivieren, motivieren.
Was hat sich in ihren Branchen an der Fachkräftesituation geändert?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Auffällig ist, dass die Möglichkeit für internationale Branchenkollegen deutlich gestiegen ist, hier eine Position zu bekommen. Auch wenn das Sprachniveau noch nicht C1 oder B2 Deutsch ist oder gar nicht vorhanden ist. Da ist die Flexibilität deutlich gestiegen. Man muss aber sehr aufpassen, niemanden an Bord zu nehmen, der keine Unterstützung ist, weil sonst die besten Leute den Stecker ziehen. Denn sie bekommen mit jedem Neuen ein zusätzliches Arbeitspaket. Deshalb darf man als Führungskraft den Workload nicht überfordern.
Sie betreuen auch Branchen, in denen es einen großen Fachkräftemangel gibt, zum Beispiel die Baubranche, wie erreichen Sie die Top Kandidatinnen und Kandidaten trotzdem?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Der wesentliche Punkt ist, mit meiner Historie bin ich ein würdiger Gesprächspartner. Viele Leute sind genervt von der Ansprache von Recruitern, die keine Branchenkenner sind. Der Schlüssel des Erfolges liegt daran, dass ich mit den Kandidatinnen und Kandidaten über Projekterfahrung fachsimpeln kann. Dann macht es auch Spaß.
Gibt es Tipps, was Führungskräfte und Unternehmen in der aktuellen Situation tun können?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Wenn Du einen Personalberater ansprichst, dann Jemandem, der Branchenerfahrung hat und nicht Jemanden, der keine Ahnung von der Position hat, die zu besetzen ist. Man muss vom Headhunting her den ganzen Blumenstrauß der Suchoptionen angehen.
Welche Möglichkeiten gibt es, Einfluss zu nehmen, damit Fachkräfte bleiben?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Mehr als 100 Prozent auf Dauer geht nicht. Führungskräfte müssen nah am Mitarbeitenden sein. Führungsfehler führen häufig leichter zu Konsequenzen. Kolleginnen und Kollegen wechseln leichter, weil sie ja permanent angesprochen werden. Mitarbeiter nicht überlasten ist wichtig. Die Folgen kosten Zeit und Geld. Wenn ein Leistungsträger geht, fällt die Last auf die anderen, die dann auch leichter gehen. So entsteht ein Dominoeffekt.