Mobiles Arbeiten, hohe Krankenstände, Demographischer Wandel: Dies sind drei wesentliche Themen, die Unternehmen derzeit beschäftigen. Expertengespräch mit Personalberater Hans Ulrich Gruber.
Führen. Führen. Führen. Von diesem Dreiklang hängt besonders in Zeiten der Digitalisierung und des demographischen Wandels der Unternehmenserfolg wesentlich ab. Doch auch hohen Krankenständen oder übermäßiger Fluktuation, über die in letzter Zeit viele Unternehmen klagen, kann mit diesem Dreiklang erfolgreich begegnet werden. Im Expertengespräch erklärt Personalberater Hans-Ulrich Gruber, warum das so ist und was diese Generation von ihren Großvätern lernen kann.
Mobiles Arbeiten kann beim Recruiting den Unterschied machen
Welche Bedeutung hat das mobile Arbeiten aktuell?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Eine extrem hohe. Wenn man im Kontakt mit Wechselwilligen ist, ist ihnen mobiles Arbeiten sehr wichtig. Es gibt auch Menschen, die sagen, ich kann das nicht. Die Mehrzahl legt allerdings Wert darauf, dass mobiles Arbeiten zumindest möglich ist. Wenn ein Arbeitgeber sich dagegen entscheidet, muss er sich im Klaren darüber sein, dass er eine Mehrzahl der Arbeitnehmer ausschließt.
Was sollten Personalverantwortliche beachten, wenn sie mobiles Arbeiten anbieten wollen?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Die Coronazeit war ein Brennglas und ein Prozessbeschleuniger für mobiles Arbeiten. Es hat Prozesse und Zusammenarbeit verändert. Auch für die Führungskräfte. Die Mehrzahl ging nicht durch eine Ausbildung zur Führungskraft, sondern kam als Fachkraft.
Mobiles Arbeiten bedeutet, dass ich Mitarbeiter motivieren und abholen kann. Dass ich sehr ernst nehmen muss, sie zu betreuen und zu coachen. Das ist bei der Betreuung auf Distanz eine andere Herausforderung. Die Herausforderungen an Führungskräfte sind durch mobiles Arbeiten größer geworden. Führen fällt nicht vom Himmel. Deshalb brauchen sie Weiterbildungen.
Der Handwerkskasten für Führung bleibt jedoch der Gleiche. Es ist auch wichtig zu sehen, wem mobiles Arbeiten liegt. Manche Menschen verkümmern dabei. Gut ist meiner Meinung nach deshalb die Möglichkeit zwei bis drei Tage mobil zu Arbeiten.
Hoher Krankenstand und hohe Fehltage durch verbessertes Führungsverhalten begegnen
Krankenstand und hohe Fehltage: Wie erleben Sie die Situation und wie lassen sich Leistungseinbußen sinnvoll vermeiden?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Bei meinen Kunden ist die Situation nicht so dramatisch. In den Medien ist es aber ein großes Thema. Eine häufige Ursache dafür liegt auch im Führungsverhalten und in der Fähigkeit, sein Team zu motivieren und ein Wir-Gefühl zu erzeugen. Dazu gehört auch ein Stück weit Loyalität zu wecken. Ein motivierter und loyaler Mitarbeiter macht nicht blau. Die, die innerlich schon gekündigt haben, aber den Stecker noch nicht gezogen haben, sind die, die dann krank sind. Um Leistungseinbußen zu vermeiden kann ich nur raten: Führen, führen, führen.
Mit Digitalisierungsschub dem demographischen Wandel begegnen
Wie wirkt sich der Demographische Wandel aus und wie kann man ihm erfolgreich begegnen?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Wir haben eine enorme Leistungskurve vor uns in der Digitalisierung. Vielen ist gar nicht klar, wie viele Prozesse noch durchdigitalisiert werden können. Es gibt große Potentiale. Der demographische Wandel wird den Schub auslösen zu digitalisieren, was geht. Bei uns wachsen die Talente nicht nach. Wir haben aktuell oft einen hochausgebildeten Facharbeiter, der vieles selbst entscheidet und mitdenkt. Wenn wir an dieser Stelle keinen Ersatz finden, müssen Prozesse detaillierter beschrieben werden. So wie es in den USA schon immer üblich war. Damals nach dem Krieg haben wir in Deutschland auch Menschen integriert, die andere Sprachen gesprochen haben. Im Gegensatz zu damals hat heute jeder auf dem Mobiltelefon eine Übersetzungsapp dabei. Unsere Großväter haben das auch ohne hingekriegt. Und manche jammern, dass das heute nicht mehr möglich sein soll?! Zum Glück gibt es auch heute zahlreiche Unternehmen, die es schaffen. Vielleicht sollte man mehr nach solchen Vorbildern suchen.
Wie kann das konkret aussehen?
Personalberater Hans Ulrich Gruber: Es gibt eine Reihe von Berufen, für die es keine typisch deutsche Lehre gibt. Ein mir bekanntes Unternehmen holt sich beispielsweise junge Migranten an Bord, die durch Krieg und Vertreibung unter ihrem Ausbildungspotenzial geblieben sind. Diese Mitarbeiter gab es bei uns vor Jahren auch. Heute müssen alle Abitur machen. Dabei kann man auch im Handwerk gutes Geld verdienen. Manche Unternehmen gehen dann den längeren Onboarding Prozess. Deshalb müssten wir amerikanischer denken. Die Leute, die das Fachwissen haben, gehen in Rente. Es ist Zeit für die Übergabe. Bei der Personalsuche ist das bei einigen Unternehmen bereits auf der Agenda.